Lohnt sich der Erwerb von Immobilieneigentum noch?
Die Bedingungen, unter denen wir leben, haben uns in den letzten Monaten eine stetige Anpassung abverlangt. Ob Coronakrise, Inflation, der Krieg in der Ukraine oder die Angst vor Blackouts der Stromversorgung sowie fehlendes Gas in den befürchteten, kalten Wintermonaten – die Zeiten sind nicht rosig. Stellt sich die Frage, ob es trotz Inflation, Handwerkermangel u.ä. sinnvoll ist, sich Immobilieneigentum zu zulegen!?
Angefangen mit der Coronapandemie, die unter anderem auch Auswirkungen auf die Baubranche hatte: Die Zusammenarbeit der arbeitenden Personen musste anders organisiert werden, zudem gab es immer wieder krankheitsbedingte Ausfälle. Zusätzlich kam es zu Verzögerungen in der Lieferkette, sodass Baumaterialien nicht verfügbar waren. Dies wirkte sich ebenso auf das Zusammenspiel innerhalb der Gewerke aus.
Der Ukrainekrieg verschärft die angespannte Situation derzeit noch. Immobilienkäufer haben es 2022 nach vielen Jahren zudem wieder mit gestiegenen Bauzinsen zu tun. Im Juli 2022 kratzten die Bauzinsen sogar an der 3 % – Marke, zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres lagen die Zinsen noch unter 1 %. Da stellen sich Investoren sowie diejenigen, die den Schritt in die eigene Immobilie wagen möchten, die Frage: „Lohnt sich Eigentum überhaupt noch?“
Bei Eigennutzung – kaufen oder mieten?
Dies kommt ganz darauf an, wie die eigene finanzielle Situation aussieht und wie sich die Miet- und Kaufpreise in den letzten Jahren örtlich entwickelt haben. Auch wenn die monatliche Darlehensrate höher ist als die aktuelle Nettokaltmiete, muss man bedenken, dass man mit der Wohnung langfristig gesehen Vermögen aufbaut. Dieses kann beispielsweise als zusätzliche Altersabsicherung dienen. Beim Kauf einer Immobilie sollte man bedenken, dass zusätzlich zum Kaufpreis noch Kaufnebenkosten fällig werden. Diese betragen je nach Region und Höhe der Grunderwerbssteuer zwischen 10 % bis knapp 15 % des Kaufpreises, hierbei spielt unter anderem eine Rolle, ob der Verkauf über einen Makler abgewickelt wird. Zudem fallen vor Einzug oft noch Sanierungsarbeiten an. Hier sind die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen beispielsweise zum Thema Dämmung und der Nutzung nachhaltiger Energiequellen zu berücksichtigen, die eventuell weitere Kosten hervorrufen.
Oft scheitert die Finanzierung
Der erste Schritt auf dem Weg ins Eigenheim führt in der Regel zur eigenen Hausbank. Diese berät im Vorfeld darüber, ob der Traum von den eigenen vier Wänden realistisch ist und „wie viel“ Immobilie man sich leisten kann. Zudem erhält man unverbindlich einen ersten Ausblick über Zinsen, Tilgung, monatliche Raten und Laufzeit. Die Faustregel besagt, dass man für Kaltmiete oder monatliche Darlehensrate maximal 30 % des Nettoeinkommens ausgeben sollte. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung haben Privathaushalte im Durchschnitt ca. 3.600 Euro netto zur Verfügung. Dies entspräche einem möglichen monatlichen Abtrag oder einer Kaltmiete von etwa 1.080 Euro. Ein Eigenkapital von mindestens 20 % des Kaufpreises sollte zudem mit in die Finanzierung einfließen. Die Zeit der Zinsbindung kalkuliert man am besten nicht zu knapp, da man nicht weiß, wie sich die Bauzinsen in den nächsten Jahrzehnten entwickeln. Für recht viele private Kaufwillige zerplatzt bereits hier der Traum des Eigenheims.
Kaufpreise unterscheiden sich regional stark
Es kommt derzeit sicher auch darauf an, wo man örtlich in den Immobilienmarkt investieren möchte und kann. In den Großstädten sowie im Süden Deutschlands werden die höchsten Preise für Immobilien aufgerufen. Hier kurbeln große Unternehmen die Wirtschaft an und sorgen für ausreichend Einkommen in der Bevölkerung. Gerade im Nordosten von Deutschland findet man aber noch Immobilien für unter 1.500 Euro pro qm mit Ausnahme von Berlin. Allein hier haben sich die Immobilienpreise seit 2010 mehr als verdoppelt.
Diese Faktoren sollte man 2022 beim Immobilienkauf zusätzlich im Blick haben
Die Wartezeiten für Handwerker haben sich verlängert. Laut der Deutschen Handwerks Zeitung dauert es je nach Gewerk derzeit durchschnittlich knapp 9 Wochen, bis ein beauftragter Handwerker mit der Arbeit beginnt. Im Bau- und Ausbaubereich steigt die Wartezeit sogar auf bis zu 15 Wochen. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass die Handwerker gleich bei Schlüsselübergabe mit Sanierungsarbeiten beginnen. Dies steigert den Zeitraum bis zum letztendlichen Umzug, in dem man die doppelten Wohnkosten aufbringen muss. Durch Lieferengpässe und andere Faktoren werden Baumaterialien immer teurer. Das Statistische Bundesamt hat angegeben, dass die Baukosten im Hochbau zwischen 2020 und 2021 um 12,6 % gestiegen sind. Durch die steigende Inflation 2022 wird sich dieser Trend voraussichtlich noch verstärken.
Auch die Nebenkosten berücksichtigen
Ist eine Immobilie vorhanden, möchte sie auch unterhalten werden. Gerade in Zeiten von stark anziehenden Strom- und Gaspreisen sowie Sonderumlagen sollte man diese Ausgaben nicht aus dem Blick verlieren. Führt der Weg aus einer Mietwohnung ins eigene Haus, verdoppelt sich die Wohnfläche schnell, was zu einer Mehrbelastung bei den Heizkosten führt. Auch für Sanierungskosten sollte man monatlich immer etwas beiseitelegen. Neben normalen Renovierungsarbeiten, die in der Regel alle 5 bis 10 Jahre stattfinden, wie streichen und tapezieren, kommen weitere Positionen auf Eigentümer zu. Neben der Wartung von Dach, Fenstern und Heizung muss man auch von der Erneuerung dieser alle 20-30 Jahre ausgehen. Je nach Dach beträgt die Lebensdauer bis zu 50 Jahren. Hier sollte man rechtzeitig anfangen zu sparen.
So entscheidet man sich richtig
Natürlich spielt neben der finanziellen Lage auch das Emotionale in der Kauffrage eine Rolle. Rein wirtschaftlich gesehen, hilft diese Faustformel dabei, sich zwischen mieten und kaufen zu entscheiden. Sie besagt, beträgt der Kaufpreis der Immobilie mehr als das 25-fache der vergleichbaren Jahresmiete, lohnt sich der Immobilienkauf nicht mehr. Es sei denn, die Immobilie gewinnt weiterhin an Wert, sprich die Kaufpreise steigen in der Zukunft. Dies ist derzeit noch in Ballungsräumen gegeben. Aber auch in Großstädten sollte man bei dem 30-fachen der Jahresmiete eine Grenze ziehen.