Die Chancen einer Zwangsversteigerung

Der Antrag auf eine Zwangsversteigerung wird immer dann gestellt, wenn Immobilieneigentümer ihre Schulden nicht mehr tilgen, vor allem aber auch ihre Raten an die Bank nicht mehr zahlen können. Dies ist in den jetzigen Zeiten mit steigenden Energiekosten und höheren Zinsen öfter der Fall.

Gerade dann, wenn Immobilieneigentümer eine kurze Zinsbindung vereinbart haben und nun von höheren Zinsen überrascht werden, treten gegebenenfalls Schwierigkeiten auf. Mit dem Erlös aus der Versteigerung wird hier Abhilfe geschaffen.

Vorteile für Gläubiger und Käufer

Gläubiger haben die Chance, durch die Zwangsversteigerung an ihr Geld zu kommen. Der Verlust des Geldes wird somit abgewendet oder zumindest minimiert. Bieter haben die Möglichkeit, während der Zwangsversteigerung ein Schnäppchen zu machen. Gerade bei den aktuell marktüblichen Immobilienpreisen eine Gelegenheit, die nicht zu unterschätzen ist. Zudem bringt die Zwangsversteigerung noch einen weiteren Vorteil für den Erwerber mit sich. Der Eigentumsübergang nach dem Zuschlag geschieht unmittelbar, beim freihändigen Kauf ist hier mit mehreren Wochen Wartezeit zu rechnen.

So wird die Zwangsversteigerung angeordnet

Der Ablauf einer Zwangsversteigerung wird durch das Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG), § 869 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Um ein Zwangsversteigerungsverfahren zu eröffnen, ist es notwendig, dass ein Antrag durch den Gläubiger gestellt wird. Zuständig für die Eröffnung des Verfahrens ist immer das Amtsgericht, in dessen Einzugsgebiet sich die Immobilie befindet. Sobald das Gericht dem Antrag stattgegeben hat, verschickt es den sogenannten Anordnungsbeschluss und beschlagnahmt in diesem Zuge die Immobilie. Sollte der Schuldner doch dazu in der Lage sein, seine Schulden kurzfristig zu tilgen, hat er die Option, Einspruch einzulegen. Zudem kann er, sofern diese vorliegt, auch auf sittenwidrige Härte nach § 765a ZPO plädieren. Ebenso hat der Gläubiger Gelegenheit, sein Recht auf Durchführung der Zwangsversteigerung zweimal grundlos zurücknehmen, beim dritten Mal jedoch verfällt die Anordnung zur Zwangsversteigerung. Ist das Verfahren eröffnet, wird dies in Abteilung II des Grundbuchs vermerkt.

So wertvoll ist die Immobilie

Um den Verkehrswert der Immobilie zu ermitteln, wird ein Sachverständiger mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Hierbei schießt der Gläubiger die Kosten vor. Das Gutachten geht in jeweils einer Ausfertigung an das Amtsgericht, den Gläubiger sowie den Schuldner. Hat keine der Parteien Einspruch gegen den Wert eingelegt, wird der Termin zur Zwangsversteigerung festgesetzt. Dieser Termin wird im Internet, im Amtsblatt des Amtsgerichts sowie gegebenenfalls per Aushang im Gericht bekannt gegeben. Interessenten erhalten beim Amtsgericht auf Anfrage Einsicht in die objektrelevanten Unterlagen, wie beispielsweise in das Gutachten.

Der unveränderbare Ablauf eines Zwangsversteigerungstermins

Jeder Termin läuft nach einem festen Schema ab. Zuerst werden Bekanntmachungen vorgetragen. Dazu zählen die Nennung des Gläubigers, die Lesung der Eintragungen aus dem Grundbuch sowie die Offenlegung des Mindestgebots. Nun haben andere Gläubiger letztmalig die Gelegenheit, ihre Ansprüche geltend zu machen. Erfolgt dies nicht, haben die Bieter mindestens eine halbe Stunde Zeit, mündlich ihre Gebote abzugeben. Dabei nennt man nur den Betrag, der zum Mindestgebot hinzuaddiert wird und nicht die gesamte Summe. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist der Bieter dazu verpflichtet, sich durch ein Ausweisdokument zu legitimieren und 10 % des Verkehrswerts als Sicherheit zu hinterlegen.

In diesen Fällen wird der Zuschlag verweigert

Wird kein Angebot abgegeben, darf der Gläubiger einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens stellen. Aber auch wenn Interessenten ihre Kaufbereitschaft signalisiert haben, kann es dazu kommen, dass sie die Immobilie nicht im ersten Termin erhalten. Beträgt das Gebot nur 5/10 des Verkehrswerts, ist das Gericht dazu verpflichtet, den Zuschlag zu versagen. Erreicht das höchste Gebot nur 7/10 des Verkehrswerts, hat der Gläubiger die Möglichkeit, das Angebot auszuschlagen und auf ein höheres Gebot bei dem Wiederholungstermin zu hoffen. Kommt man im ersten Anlauf zu keiner Einigung, wird ein weiterer Termin festgesetzt, der drei bis sechs Monate nach dem ersten zu erfolgen hat. Findet eine zweite Zusammenkunft statt, sind die Wertgrenzen außer Kraft gesetzt.

Wird das Gebot hingegen angenommen, erfolgt der Zuschlag und somit der sofortige Eigentumsübergang mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Eigentümer. Nach einem bis drei Monaten wird der Erlös an den oder die Gläubiger verteilt. Übersteigt der Erlös aus der Versteigerung die Verbindlichkeiten, erhält der Schuldner die Restsumme. Sobald der neue Eigentümer die Grundsteuer beglichen hat, wird das Grundbuch umgeschrieben.

Auch der Schuldner darf seine Chancen nutzen

Jeder kann durch Krankheit, Tod eines geliebten Menschen oder anderen Umständen in die Lage kommen, seine Verbindlichkeiten nicht mehr vollumfänglich bedienen zu können. Droht die Zwangsversteigerung, wird man bestenfalls aktiv und nimmt schnellstmöglich Kontakt zur Bank auf. Weist man nach, dass die Zahlungsunfähigkeit nur einen überschaubaren Zeitrahmen umfassen wird, lassen sich Banken gegebenenfalls auf eine Reduzierung der Raten oder gar eine Ratenaussetzung ein. Auch eine Umschuldung der Immobilie war in den letzten Jahren bei sinkenden Zinsen denkbar, wird aber künftig wohl eine geringere Rolle spielen. In der Regel fährt der Immobilieneigentümer immer besser damit, rechtzeitig seine Immobilie freihändig zu verkaufen und nicht darauf zu warten, dass die Zwangsversteigerung angeordnet wird. Hier hat er die Chance auf einen größeren Erlös als bei der Versteigerung. Das aber die Option für einen geregelten Zwangsversteigerungsablauf besteht, ist im Fall der Fälle zum Vorteil aller Beteiligten.

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