Chancen erkennen: Vom Umgang mit Problemimmobilien

Fast jeder Immobilien-Profi ist Ihnen bereits begegnet: Immobilien, die sich schwerer vermitteln lassen als andere. Gemeinhin sind diese, häufig Problemimmobilien ­genannten Objekte in miserablem Erhaltungszustand, stehen in schlechter Lage oder sind mit gesetzlichen Auflagen belegt. Mitunter sind es aber auch die Eigner, die das Objekt erst zum immobilienwirtschaftlichen Problemfall werden lassen. All diese Faktoren schränken den Kreis möglicher Käufer zwar deutlich ein, sind aber nicht unbedingt die Ursachen für einen ausbleibenden Vermittlungserfolg. Häufig trägt der Makler selbst einen Teil dazu bei, dass manche Objekte lange auf dem Markt angeboten werden. Es ist seine Haltung und die von ihm angewendete Strategie, die hier den Unterschied machen zwischen Karteileiche und Verkaufserfolg. Denn vielfach wird das falsche Marketingkonzept für eine solche „Problemimmobilie“ gewählt. Welche Vermarktungsstrategien sinnvoll sein können, ergibt sich aus einer gründlichen Analyse der Vorzüge und der Schattenseiten des zu veräußernden Objektes.

Problem 1: Die Bausubstanz

Immobilien, die einen umfassenden Sanierungsbedarf aufweisen, sich in heruntergekommenen Zustand befinden, schadstoffbelastet oder abgewohnt und nicht auf dem neuesten Stand der Bautechnik sind, gelten oft als schwer vermittelbar. In der Regel versuchen Makler mit modellhaften Grundrissen oder Fotomontagen darzustellen, wie sich diese Immobilie vorteilhaft verändern könnte. Das ist zwar ein guter Ansatz, berücksichtigt aber nicht, dass die meisten Käufer solch aufwendige Renovierungsmaßnahmen scheuen und lieber nach fertigen Lösungen suchen.

Lösungswege: Zunächst sollten Sie feststellen, welche Baumaßnahmen erforderlich sind und welchen finanziellen Aufwand diese nach sich ziehen werden. Falls sich das Objekt in einer gefragten Lage befindet, stehen Ihnen zwei Möglichkeiten offen. Die erste ist, den jetzigen Eigentümer mit Fakten zu überzeugen, eine bestimmte Summe in Sanierungsarbeiten zu investieren. Anschließend verkaufen Sie das Objekt schnell und unkompliziert gewinnbringend. Die zweite Möglichkeit ist, sich ohne Renovierung bewusst an Käuferkreise zu wenden, die in einem Umbau nach eigenem Geschmack und Vorstellungen einen Gewinn sehen. In diesem Fall könnten das kinderreiche Familien mit speziellen Ansprüchen an eine Wohnung sein. Auch Käufer, die einen bestimmten Stil bevorzugen, der nicht so marktüblich ist, sollten Sie ansprechen. Ebenso können Käufer mit speziellen Interessen, richtig adressiert, zum Verkaufserfolg führen. Dazu ­zählt beispielsweise der Wunsch, in einem Mehrgenerationenhaus wohnen zu wollen oder eine behindertengerecht umgebaute Immobilie zu erwerben.

Bei Immobilien ohne bevorzugte Lage, kommen bestimmte Käuferkreise von vorneherein nicht infrage. Hier wird eine Sanierung durch den Alteigentümer meist finanziell nicht lohnend sein. Doch auch für eine solche Immobilie lassen sich Käufer finden. Großfamilien mit und ohne Migrationshintergrund beispielsweise, die gerne im Familienverband eine solche Immobilie nach ihren Bedürfnissen renovieren und ausbauen möchten und bereits soziale Bindungen im Umfeld besitzen. Oder Sie sprechen gezielt Handwerker an, die in der Lage sind, viele Renovierungsarbeiten in Eigenleistung umzusetzen und ihren Betrieb mit dem Wohnen verbinden möchten.

Problem 2: Die Lage

Es gibt in jeder Stadt, in jedem Ort eine bevorzugte Lage. Zurzeit sind Viertel mit geringem Migrantionsanteil, urbanen Strukturen und altem, renovierten Immobilienbestand sehr gefragt. Zudem sollten die Objekte ruhig gelegen sein und es sollte ausreichend Parkraum zur Verfügung stehen. Sie als Makler wissen: Diese Kriterien treffen nur auf die wenigsten Immobilien zu. Und besonders in den Großstädten, in denen die Nachfrage größer ist als das Angebot, sind auch Objekte in weniger nachgefragten Vierteln gut zu vermitteln. Doch eine Lage an einer breit ausgebauten Schnellstraße, neben Eisenbahntrassen, in Gegenden mit schlechter sozialer Infrastruktur oder problematischem Umfeld wird selbst dort ein Objekt zu einer Problemimmobilie, wo hoher Bedarf an Immobilien besteht.

Lösungswege: Hier gilt es, die richtige Zielgruppe für das Objekt anzusprechen: Sie selbst würden vielleicht eine ruhige Seitenstraße vorziehen, aber ein junges Paar mag gerade das Trubelige einer belebten Straße. Personen, die viel beruflich unterwegs sind, schätzen die Stadtrandlage mit dem schnellen Zugang zur Autobahn. Ein Selbstständiger, der sein Büro gerne in Wohnungsnähe hat, sucht eine Möglichkeit, Wohnen und Arbeiten zusammenzulegen oder Kundenparkplätze in Hof einzurichten. Eine vielköpfige Familie bevorzugt möglicherweise eine lautere Umgebung, in der sie weniger Probleme mit Kinderlärm und -trubel haben wird. Konzentrieren Sie sich auf die Vorzüge der Immobilie aus Sicht möglicher Käufer und sehen Sie die Immobilie mit ihren Augen.

Problem 3: Die Vorstellungen des Verkäufers

So manches Objekt wäre keine Problemimmobilie, wenn die Verkäufer eine realistische Einschätzung ihrer Immobilie hätten. Denn leider ist es nicht so, dass die potenziellen Käufer genau das schätzen, was dem derzeitigen Eigner wichtig ist und was er für einen geldwerten Vorzug der Immobilie hält. Das Gegenteil ist leider oft der Fall und somit besteht das Problem für Sie in erster Linie darin, den Eigner zu realistischen Erwartungen zu führen. Zerstrittene Erbengemeinschaften erschweren ebenfalls oft die Vermittlung eines Objektes, und zwar immer dann, wenn Maßnahmen wie ­Homestaging oder kleinere Renovierungen durchgeführt werden müssten, um einen besseren Preis am Markt zu erzielen.

Lösungswege: Stellen Sie dem Verkäufer mehrere vergleichbare Objekte vor und den erzielten Verkaufspreis. Sprechen Sie mit ihm über den möglicherweise zu erzielenden Preis für seine Immobilie im Anschluss an diese Besichtigungen. Bei Eigentümergemeinschaften gilt es Geduld zu bewahren und als eine Bedingung für eine Vermittlung auszuhandeln, dass Sie mit nur einem Ansprechpartner arbeiten. Hier gilt besonders, was für alle Problemimmobilien zu raten ist: Für den erhöhten Arbeitsaufwand sollten Sie mit den Eigentümern einen Alleinvertretungsanspruch festhalten. Somit stellen Sie sicher, dass Ihre Bemühungen auch für Sie zu einem Erfolg werden.

Der häufig beschrittene Weg, eine Problemimmobilie über einen niedrigen Preis vermakeln zu wollen, scheitert meist. Versuchen Sie daher nicht, mit einer Reduzierung des Verkaufspreises zu arbeiten. Wem ein Haus nicht gefällt, der wird es auch dann nicht kaufen, wenn es etwas weniger kostet. Suchen und finden Sie den speziellen Käufer und er wird gerne einen realistischen Preis zahlen.

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